Abwehrkräfte stärken…
gegen Nazis, Covid-19 und andere gefährliche Bedrohungen!
Wir entschuldigen uns, falls sich durch die Wortwahl im bisherigen diesjährigen Motto Menschen verletzt fühlten bzw. falls es dadurch zu Irritationen kam.
Wir haben uns entschieden das Wort „Seuche“ aus dem bisherigen Motto zu streichen.
Deshalb lautet das Motto des Freiburger CSD 2020:
„Abwehrkräfte stärken… gegen Nazis, Covid-19 und andere gefährliche Bedrohungen.“
Dennoch eine Erklärung zum diesjährigen Motto:
Mit dem diesjährigen Motto wollen wir darauf aufmerksam machen, dass unsere Community auf vielfältigste Arten bedroht wird.
Das Wort „Seuche“ im Mottotext zu verwenden war vor allem im Hinblick auf die stigmatisierende Verwendung des Begriffs gegen HIV-positive Menschen in der Geschichte unserer Bewegung unbedacht, auch wenn uns nichts ferner lag als diese Assoziation zu wecken.
Es ging uns nie darum mit dem Wort „Seuche“ Menschen mit Krankheiten gleichzusetzen. Es war von Anbeginn immer Teil der Forderungen des Freiburger CSD die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen endlich zu beenden und sowohl medizinisch wie auch sozial den Fortschritt voranzutreiben.
Wir wenden uns entschieden gegen den Vorwurf nationalsozialistische Rhetorik salonfähig zu machen.
Wer den Freiburger CSD kennt weiß, dass wir uns seit 2014 von Beginn an klar und deutlich gegen gegen Faschismus, Rechtsextremismus, Nationalismus und gegen alle anderen antiemanzipatorischen Kräfte einsetzen. Wir bekennen uns klar zu den politischen Wurzeln unserer Pridebewegung und werden das auch künftig tun.
Die Wurzeln unserer alljährlichen Pride-Feierlichkeiten liegen im Aufbegehren von Menschen der LSBTTIAQ*-Community in der NewYorker Christopher Street 1969. Der Kampf für gleiche Rechte und Akzeptanz sind seit Anbeginn Teil unserer Community.
Mit unserem diesjährigen Motto richten wir den Fokus auf den Kraftakt als einzelne Person zu sich selbst zu stehen, als Gemeinschaft zu bestehen und solidarisch zu sein mit denen die Hilfe brauchen.
Warum Abwehrkräfte stärken?
In der aktuellen Krise um COVID-19 gilt es unsere eigenen Abwehrkräfte zu stärken. In Zeiten von „sozialer Distanz“ („social distancing“) und „emotionaler Isolation“ („emotional isolation“) geht es darum körperlich und emotional fit zu bleiben und nicht aufzugeben. Risiken abzuwägen, sich selbst und andere nicht zu gefährden und vor allem einander zu helfen, soll das Gebot der Stunde sein, damit wir diese Krise gemeinsam überstehen.
Warum der Bezug zu Covid-19?
Die derzeitige Krise um das Covid-Virus betrifft und gefährdet alle Menschen weltweit und belastet unsere Community in besonderem Maße im täglichen Leben. Auch aus diesem Grund haben wir uns entscheiden das Covid-Virus in unserem diesjährigen Motto explizit zu benennen.
Trotz dieser aktuellen Belastungen oder gerade deshalb dürfen wir unsere erkämpften Rechte, Ziele und Ideale nicht aufgeben und uns schon gar nicht von kruden Verschwörungstheorien oder menschenverachtenden Hetzer*innen verführen lassen.
In diesen Zeiten der Verunsicherung und schier unplanbarer Zukunftsaussichten ist es umso wichtiger, besonnen zu bleiben, einen kühlen Kopf und die Menschlichkeit im Herzen zu bewahren.
Warum wir Nazis im Blick haben?
Auch wenn auf der tagespolitischen Agenda derzeit kaum ein anderes Thema als COVID-19 zu existieren scheint, gibt es leider noch andere massive Bedrohungen für die LSBTTIAQ*-Community.
Nationalismus, Rechtsextremismus, Rechtskonservatismus und religiöser Fanatismus bedrohen uns seit jeher und erleben als politische Strömungen seit Jahren eine gesellschaftliche Renaissance. Wir müssen unsere Abwehrkräfte stärken gegen alles was uns von rechts bedroht. Wir müssen aktiv werden gegen den Übergriff auf offener Straße, gegen Ressentiments in den Köpfen und gegen politische Organisationen und Parteien wie z.B. die AfD.
Warum wir auch die anderen gefährlichen Bedrohungen nicht aus dem Blick verlieren dürfen?
Da unsere Community nicht nur aus wohlhabenden, weißen, schwulen CIS-Männern besteht, ist es wichtig, dass unser Fokus intersektional und solidarisch BLEIBT!
Unsere politischen Forderungen sind so vielfältig wie die gesamte LSBTTIAQ*-Community. Schwule oder lesbische Themen sind für uns nicht losgelöst von Trans*- und Interthemen zu sehen. Queerer Feminismus ist uns ebenso wichtig wie ein starkes Engagement für ein Klima, dass diese Welt als lebenswerten Ort für alle Menschen erhält.
Wir müssen solidarisch sein mit den Menschen die täglich an den europäischen Außengrenzen stranden und sterben. Unsere Community muss den reaktionären und antiemanzipatorischen Kräften in unserer Gesellschaft die Stirn bieten und einen menschlichen Gegenpol darstellen.
Marsha P. Johnson war eine zentrale Figur für unsere Pride-Bewegung. Als POC-Transperson und Dragqueen engagierte sie sich für Sexarbeiter*innen, die HIV-Kampagne ACT UP und viele weitere Themen der LSBTTIAQ*-Community und hat damit auch klar gezeigt, dass unsere Kämpfe intersektional sind.
Wir als CSD Freiburg unterstützen die blacklivesmatter-Bewegung (BLM) und kämpfen gegen Rassismus ebenso wie für die Rechte von LSBTTIAQ*.
Unsere Abwehrkräfte können wir besonders dadurch stärken, indem wir einander wahrnehmen. Wir werden nicht dadurch stark, dass wir uns nur für unsere eigenen persönlichen Belange einsetzen, sondern dadurch, dass wir einander sehen, zuhören und uns auch füreinander einsetzen. Das ist Solidarität.
Lasst uns unsere Abwehrkräfte stärken, jede*r für sich und gemeinsam; für die Rechte und Akzeptanz von LSBTTIAQ* und aller anderen Menschen.
Damit wir überstehen was uns aktuell und in Zukunft bedroht.
Lasst uns dafür kämpfen, dass sich kein Mensch mehr für seine Liebe verstecken muss.
Für die LIEBE
Und einen weiterhin fruchtbaren Diskurs.
Euer CSD Freiburg