50 Jahre Stonewall – die Repression findet (k)ein Ende!
In diesem Jahr jähren sich die Aufstände der queeren Community des Stonewall Inn zum 50. Mal. Anstatt dieses Jubliäumsjahr würdevoll zu beginnen, war der erste öffentliche Auftritt des Freiburger CSD Vereins vor dem Freiburger Amtsgericht. Wir erinnern uns noch gut an die gerichtliche Auseinandersetzung mit der Stadt Freiburg aus dem letzten Jahr. Damals hatten wir gegen den durch das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg verhängten Auflagenbescheid in Bezug auf die CSD Politparade geklagt. Das Amt für öffentliche Ordnung hatte 2018 versucht, den CSD Aufzug aus zentralen Bereichen der Freiburger Innenstadt fernzuhalten, was nicht nur aus Sicht der Community als Verhinderung von Sichtbarkeit interpretiert wurde. Die Klage gegen die Ordnungsbehörde der Stadt Freiburg, die uns viele personelle und zeitliche Ressourcen kostete, sowie mit finanziellen Risiken verbunden war, konnte erfolgreich juristisch durchgesetzt werden. Der CSD Verein bekam 2018 mit seinem Anliegen vor dem Verwaltungsgericht Recht, womit uns schlussendlich „erlaubt“ wurde, unsere politischen Anliegen in der Freiburger Innenstadt sichtbar zu machen.
Umso trauriger erscheint es uns, dass das Jahr 2019 schon wieder mit einem gerichtlichen Termin begonnen hat. Dieses Mal ging es um den CSD 2017 und um angebliche Auflagenverstöße seitens des CSD Vorstands während der Demonstration. Die Vorwürfe reihten sich in den Anklagepunkten A-K aneinander und waren aus unserer Sicht unzutreffende Behauptungen und haltlose Vorwürfe. Unter anderem ging es hierbei um „Wildurinieren“, alkoholisierte Teilnehmende sowie zu hohe Lautstärke der teilnehmenden Paradewagen.
Bereits direkt nach dem CSD 2017 wurde vonseiten des Amts für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg versucht, aufgrund eines angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz per Strafverfahren gegen die Verantwortlichen des Christopher Street Day Vereins vorzugehen. Nachdem das Strafverfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, verhängte das Amt für öffentlich Ordnung der Stadt Freiburg dann mehrere Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeiten gegen den Vorstand des Christopher Street Day Freiburg e.V. Die bereits genannten Anklagepunkte waren unserer Ansicht nach nicht zutreffend, weshalb wir Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegten. Dieser Widerspruch mündete am 24.01.2019 in einer Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht Freiburg. Die knapp drei Stunden dauernde öffentliche Verhandlung endete mit einem Freispruch für die vier Vertreter*innen des CSD Vereins. Richterin und Staatsanwältin waren sich am Ende einig, dass die Vorwürfe gegen den CSD Vorstand so nicht haltbar sind.
Eigentlich haben wir in diesem Jahr ein 50-jähriges Jubiläum vorzubereiten. Dass wir uns nun wieder einmal mit Repressionen der Stadt Freiburg auseinandersetzen mussten, stellt für uns ein Ärgernis dar – weil es uns Kraft, Geld und Zeit gekostet hat. Aber vielleicht haben gerade diese unangenehmen Auseinandersetzungen mit behördlicher Repression auch 50 Jahre nach Stonewall eine historische Kontinuität für unsere Community. Einerseits sind wir froh, dass nunmehr eine weitere juristische Auseinandersetzung mit Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg erfolgreich abgewehrt werden konnte, andererseits sind wir zugleich auch traurig, dass uns seit Jahren Steine in den Weg gelegt werden und verstehen die Anklage mit dem darauffolgenden Bußgeldverfahren als Einschüchterungsversuch vonseiten einer Stadt, die so gerne das Image pflegt ein Ort der Toleranz und alternativen Lebensformen zu sein.
Der Freiburger CSD ist eine Erfolgsgeschichte und hat sich binnen weniger Jahre mit nunmehr 10.000 Teilnehmenden bei der Politparade zu einer der größten CSD Paraden in Deutschland entwickelt. Wir sind seit Beginn ein kleines, ehrenamtlich arbeitendes Team, welches den CSD in Freiburg organisiert und durchführt. Wir wünschen uns für 2019 einen respektvollen Umgang der Stadtverwaltung und Ordnungsbehörden mit uns als Orga-Team, aber auch mit der Community, die wir durch unsere Arbeit vertreten. Wir hoffen 2019 auf konstruktive Gespräche und einem Bewusstsein der Stadt Freiburg, dass ein CSD als politische Demonstration und nicht als Störfaktor zu verstehen ist. Wir wünschen uns, dass die Stadt Freiburg ihrem Ruf endlich gerecht wird und den CSD als das sieht, was er ist, nämlich als wichtige und notwendige politische, soziale wie kulturelle Bereicherung! Der CSD sollte als Chance wahrgenommen werden, Freiburg zu einem Ort zu machen, der für alle Menschen gleichermaßen lebenswert ist.
In diesem Kontext möchten wir uns als CSD Verein ganz herzlich bei allen Gruppen, Einzelpersonen und Parteien bedanken, die uns seit Jahren auf verschiedenste Art unterstützen. Wir freuen uns dabei ganz besonders über den Rückhalt der LSBTIQA*-Community. Bei den Angriffen gegen den CSD Freiburg geht es nicht um uns als Individuen, sondern um Angriffe auf unsere Community. In diesem Sinne kann unsere Losung auch 50 Jahre nach Stonewall nur lauten: „Wir kämpfen unsere Kämpfe gemeinsam und für einander!“
LIEBE eure Orga-Crew vom CSD Freiburg